Mitarbeiter-Proteste gegen Sexismus bei Google

Unter dem Hashtag #GoogleWalkout verabredeten sich vor kurzem weltweit Google-Mitarbeiter zu einer zeitweisen Arbeitsniederlegung aus Protest gegen Sexismus, Rassismus und Machtmissbrauch durch Führungskräfte. Konkret gefordert wurde ein öffentlich zugänglicher Transparenzbericht über sexuelle Belästigung im Unternehmen und eine Verpflichtung zur Beendigung von Lohn- und Opportunitätsunterschieden zwischen Männern und Frauen.

Fette Abfindung trotz sexuellem Übergriff

Diese Themen werden schon seit längerer Zeit hitzig und kontrovers im gesamten Silicon Valley diskutiert. Ein Artikel der „New York Times“ über die Vertuschung eines besonders heiklen Falles hat das Fass bei Google nun zum Überlaufen gebracht. So hat der Konzern dem Android-Erfinder Andy Rubin bei dessen Abgang im Jahr 2014 90 Millionen US-Dollar Abfindung gezahlt, obwohl dieser eine Mitarbeiterin zuvor zu sexuellen Handlungen gezwungen haben soll. Google soll den Vorfall seinerzeit untersucht und die Vorwürfe als glaubwürdig befunden haben, berichtet die NYT. Zudem soll der Konzern bereits im Vorfeld einen Jahresbonus von Rubin gekürzt haben, als auf dessen Computer Pornovideos gefunden wurden. Der ehemalige Top-Manager weist die Belästigungsvorwürfe zurück und bezeichnet sie als Hetzkampagne seiner Ex-Frau im Scheidungskrieg.

Vertuschung oder harte Linie?

Laut NYT-Recherchen ist Rubin einer von mindestens drei Top-Managern bei Google, die nach Beschuldigungen der sexuellen Belästigung Abfindungen in Millionenhöhe erhielten. Die Zeitung warf Google deshalb vor, solche Vorfälle systematisch zu vertuschen. Ein Vorwurf, auf den Google-Chef Sundar Pichai sofort reagierte. In einer Stellungnahme betonte er, dass sein Unternehmen eine „immer härtere Linie“ gegen derartiges Fehlverhalten verfolge und allein in den vergangenen zwei Jahren 48 Mitarbeiter wegen Anschuldigungen sexueller Belästigung gefeuert habe, ohne Abfindungen zu zahlen. Ein Umstand, der den Vorwurf der früheren Vertuschung allerdings nicht wirklich entkräftet. Und weiteres Zeichen dafür ist, dass der Konzern ein Problem mit Sexismus hat.

Wer diskriminiert wen?

Ein Fall, der vergangenes Jahr große mediale Aufmerksamkeit erregte, war die Entlassung des Google-Mitarbeiters James Damore. Der Programmierer hatte in einem 10-seitigen Manifest seine Gedanken über Gleichberechtigung dargelegt. Die reichlich verschwurbelten Ansichten hatten viele Google-Mitarbeiten als stereotypische, sexistische Äußerungen empört und zu seiner fristlosen Kündigung geführt. Damore verklagte daraufhin Google, weil er sein Recht auf freie Meinungsäußerung missachtet sah, zog dies aber später zugunsten einer Sammelklage gegen Diskriminierung zurück. So lauert nun ein Gruppe weißer Männer in den Gerichtssälen und behauptet, Google würde sie beim verzweifelten Hinterherhecheln einer ausgeglichenen Frauenquote aufgrund ihres Geschlechts diskriminieren.

Google, wir haben ein Problem

All dies unterstreicht, dass die männerdominierte Tech-Branche in den USA ein Problem hat. Und eben auch Google, welches sich oft gerne als innovativer und integrativer Weltverbesserer darstellt. Allein schon angesichts der Tatsache, dass sich ein Programmierer hinsetzt und, anstatt Code zu schreiben, 3.300 Wörter über „biologische“ Unterschiede und linke Gender-Ideologie zu Papier beziehungsweise ins Intranet bringt. Irgendetwas muss da doch gewaltig im Argen sein. Doch anstatt das Manifest zum Anlass für eine offene Diskussion zu nehmen und Punkt für Punkt zu hinterfragen, versieht man die Denkansätze mit einem Denkverbotsschild. Eine geplante Diskussionsveranstaltung zu dem Manifest wurde seinerzeit aufgrund von Sicherheitsbedenken kurzfristig abgesagt.

Mit kleinen Schritten zu großem Umdenken

So fragt man sich, ob Pichais jüngste Zusicherungen, sich mit dem konstruktiven Feedback der Angestellten auseinander zu setzen und dieses in Konzern-Richtlinien und -Prozesse umzusetzen, wirklich ernst zu nehmen sind. Das grundsätzliche Problem der IT-Branche, der Frauenmangel, ist auf diese Weise wahrscheinlich eher nicht zu lösen. Aber man kann ja mit „kleinen“ Dingen beginnen. Zum Beispiel damit, den Vorwurf zu entkräften, Frauen schlechter zu bezahlen als Männer.